Durch Gebete werden wir gereinigt, durch Lesungen unterrichtet. Beides ist gut, wenn es zugleich möglich ist, andernfalls ist Beten besser als Lesen. Wer immer bei Gott sein will, muss viel beten und viel lesen. Wenn wir beten, sprechen wir mit Gott, wenn wir lesen, spricht Gott mit uns.

Jeder Fortschritt kommt aus Lesung und Erwägung. Was wir nicht wissen, lernen wir durch Lesen, und was wir gelernt haben, prägen wir uns ein durch Erwägung.

Das Lesen der Heiligen Schrift gewährt uns einen doppelten Nutzen: Es unterweist die Einsicht unseres Geistes, und es zieht den Menschen von den Nichtigkeiten der Welt ab hin zur Gottesliebe.

Um ein Zweifaches bemüht sich die Lesung, einmal darum, die Schrift zu verstehen, und dann darum (zu erkennen), mit welchem Nutzen und welcher Ehrfurcht sie vorgetragen werden soll. Denn zuerst wird ein jeder bereit sein, sich dem Verstehen des Gelesenen zu öffnen. Dann wird er auch fähig sein, vorzutragen, was er gelernt hat. Dem ernsten Leser ist es viel mehr daran zu tun, auszuführen, was er gelernt hat, als es auch zu verstehen. Nicht zu wissen, wonach du streben sollst, ist eine geringere Sünde, als nicht zu tun, was du verstanden hast. Wie wir beim Lesen den Wunsch haben, auch zu verstehen, so müssen wir, nachdem wir verstanden haben, auch ausführen.

Niemand kann den Sinn der Heiligen Schrift erkennen, wenn er sich nicht durch Lesen mit ihr vertraut macht. Es heißt ja auch: "Halte sie (die Weisheit) hoch, dann wird sie dich erhöhen, sie bringt dich zu Ehren, wenn du sie umarmst."*

Je fleißiger ein jeder die Heilige Schrift studiert, um so reicher ist die Einsicht, die er aus ihr schöpft. Es ist wie mit dem Ackerboden: Je ausgiebiger er gepflegt wird, desto reicher ist die Frucht, die er bringt.

Viele besitzen die Begabung des Verstandes, doch sie vernachlässigen die Lesung und vernachlässigen und verachten, was sie durch Lesen erfahren könnten. Manche lieben das Wissen, sind aber durch die Schwerfälligkeit ihres Geistes gehemmt. Doch sie begreifen durch ein fleißiges Leben, was die Gescheiten aus Nachlässigkeit nicht wissen.

Wer sich schwer im Auffassen tut, erhält wegen seiner guten Absicht seinen Lohn aus einem guten Studium. Wer die ihm von Gott verliehene Begabung des Verstandes ver-nachlässigt, verdient es, verurteilt zu werden, weil er die verliehene Gabe verachtet und durch Faulheit fehlt.

Eine Lehre, die ohne Gnade ins Ohr eindringt, gelangt nie bis zum Herzen. Außerdem macht sie zwar Lärm, aber im Innern ist sie nutzlos. Das Wort Gottes, das durch das Ohr eingegossen wird, gelangt bis in die letzte Tiefe des Herzens, wenn die Gnade Gottes den Geist innerlich berührt, sodass der Geist Einsicht gewinnt.

*Spr 4,8

 

Oration

Gott, Du Quelle der Weisheit, Du hast Deiner Kirche

den heiligen Isidor als geistlichen Lehrer gegeben. 

Höre auf seine Fürbitte. Schenke Deiner Kirche auch

in unseren Tagen Treue zur überlieferten Wahrheit

und führe sie zur Einheit in Deiner Liebe. Darum

bitten wir durch Jesus Christus .....