Wenn wir zu den Schafen gehören, gewinnen wir, sind wir Wölfe, so werden wir besiegt

 

Solange wir Schafe sind, siegen wir; obschon von unzähligen Wölfen umgeben, sind wir überlegen und gewinnen. Wenn wir aber Wölfe sind, unterliegen wir. Dann fehlt uns die Hilfe des Hirten; denn er sorgt nicht für die Wölfe, sondern für die Schafe. Er verlässt dich und geht weg, weil du ihn seine Kraft nicht zeigen lässt.

Was er sagen will, ist: Lasst euch nicht verwirren, wenn ich euch mitten unter die Wölfe sende und euch befehle, wie Schafe und Tauben zu sein.* Ich konnte nicht anders, ich konnte euch nicht in eine Aufgabe ohne Leiden senden. Ich konnte nicht anders: Ich musste euch als Schafe schwächer machen als die Wölfe und nicht furchtbar wie die Löwen. Aber so ist es gut. Denn dies verleiht euch höheren Glanz, dies verkündet meine Macht. Das hat er auch zu Paulus gesagt: "Meine Gnade genügt dir, denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit."* Ich habe gemacht, dass ihr so und nicht anders seid. Er sagt: "Ich sende euch wie Schafe."* Damit gibt er zu verstehen: Werdet nicht mutlos. Ich weiß es genau: So werdet ihr alle ganz unbezwingbar sein.

Etwas aber sollte auch von ihnen selbst kommen, und es sollte nicht so aussehen, als käme alles von der Gnade. Es darf nicht scheinen, sie würden von ungefähr und umsonst gekrönt. Darum sagt Christus: "Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!"* Man wendet ein: Was vermag unsere Klugheit in so vielen Gefahren ? Wie können wir Klugheit haben, während wir auf den gewaltigen Wogen umhergeworfen werden ? Mit welcher Klugheit das Schaf auch ausgestattet sein mag, wenn es unter den Wölfen lebt, unter einer so großen Zahl von Wölfen, was kann es da schon ausrichten ? Wie groß auch die Einfalt der Taube sein mag, was hilft es ihr unter so vielen Falken ? Gewiss: bei Toren ist alles umsonst. Für euch aber ist es von großem Nutzen.

Doch lasst uns sehen, welche Klugheit Christus hier verlangt. "Die Klugheit einer Schlange", sagt er. Sie gibt alles hin, wenn es sein muss, auch den Leib zum Töten. Sie widersteht nicht, wenn nur der Kopf nicht zertreten wird. So gib auch du alles hin außer dem Glauben, müsstest du auch dein Vermögen, deinen Leib, ja dein Leben hingeben. Denn der Glaube ist Haupt und Wurzel. Wenn du ihn bewahrst, aber sonst alles verlierst, dann wirst du später alles im Überfluss zurückerhalten. Deswegen gebot  Christus nicht nur, schlicht und einfach, und auch nicht allein, klug zu sein, sondern er mischte beides, damit Tugend herauskommt: Die Klugheit der Schlange nahm er, damit du nicht tödlich getroffen wirst in dieser Welt, die Einfalt der Taube nahm er, damit du nicht Vergeltung übst an denen, die dir Unrecht tun, und damit du dich nicht an denen rächst, die dir nachstellen. Denn noch einmal: die Klugheit nützt nichts, wenn die Einfalt fehlt.

Niemand meine, diese Gebote seien unerfüllbar. Besser als jeder andere kennt Christus das Wesen der Dinge. Er weiß, dass die Wildheit nicht durch Wildheit, sondern nur durch Maßhalten gebändigt wird.

*Vgl. Mt 10,16. *2 Kor 12,9. *Mt 10,16. *Ebd.

 

RESPONSORIUM

Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; * seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!

Solange ihr das Licht bei euch habt, glaubt an das Licht, damit ihr Söhne des Lichts werdet.Seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!

 

ORATION

Gütiger Gott, du hast uns durch deinen Sohn erlöst

und als deine geliebten Kinder angenommen. Sieh

voll Güte auf alle, die an Christus glauben, und

schenke ihnen die wahre Freiheit und das ewige Erbe.

Darum bitten wir durch unsern Herrn Jesus Christus ...

 

(Lektionar zum Brevier, II/7)