11. Falsch sind die Geschichtsangaben, die der Vergangenheit viele Jahrtausende zuteilen.

 

Sie werden dabei auch irregeführt durch ganz verlogenes Schrifttum, das angeblich viele Jahrtausende von Zeitengeschichte umfasst, während sich auf Grund der Heiligen Schrift ein Zeitraum von weniger als sechs Jahrtau-senden seit der Erschaffung des Menschen berechnet. ... ich weise vielmehr hin auf den Brief Alexanders des Großen an seine Mutter Olympias, worin er sich auf einen ägyptischen Priester und dessen Mitteilungen aus heiligen Schriften der Ägypter bezieht. In diesem Briefe ist unter anderem die Rede von Weltreichen, wie auch die griechische Geschichte solche kennt, und werden dem Reich der Assyrer mehr als 5000 Jahre zugeteilt. Nach der griechischen Geschichte hingegen dauerte dieses Reich nicht ganz 1300 Jahre, gerechnet von der Herrschaft des Belus ab, die auch der ägyptische Gewährsmann an den Anfang dieses Weltreiches stellt. Für die Herrschaft der Perser und Mazedonier sodann bis herab zu Alexander selbst, dem er die Mitteilung machte, setzte der Ägypter über 8000 Jahre an, während bei den Griechen auf das Mazedonierreich bis zum Tode Alexanders 485 Jahre und auf das Perserreich bis zu dessen Untergang durch Alexanders Sieg 233 Jahre gerechnet werden. Diese Jahreszahlen bleiben weit hinter denen der Ägypter zurück und würden sie selbst dann nicht erreichen, wenn man sie verdreifacht. Die Ägypter sollen nämlich ehedem kurze Jahre von nur viermonatiger Dauer gehabt haben; ein volles und richtiges Jahr, wie es jetzt bei uns und bei ihnen üblich ist, umfasst also drei alte Ägypter-Jahre. Aber auch so, wie gesagt, ergibt sich keine Übereinstimmung zwischen der ägyptischen und der griechischen Zählung der Geschichtsjahre. Die griechische verdient indes mehr Glauben, weil sie nicht über die wahre Zahl der Jahre hinausgeht, wie sie in unserm Schrifttum, dem wahrhaft heiligen, angegeben wird. Wenn nun schon jener Alexanderbrief, der weithin bekannt ward, in der Zeitrechnung sich von der Wahrscheinlichkeit so sehr entfernt, so ist noch viel weniger Glaube beizumessen einem Schrifttum, das man trotz Überfüllung mit fabelhaften angeblichen Altertümern der Autorität so bekannter und göttlicher Bücher [Bibel] entgegenstellen möchte, einer Autorität, die die gläubige Zustimmung des ganzen Erdkreises vorausgesagt und auch wirklich gefunden hat, die demnach die Glaubwürdigkeit ihrer Berichte über die Vergangenheit erweist aus der vollwahren Erfüllung ihrer Vorhersagen.

 

Augustinus, De civitate Dei, 12. Buch, 11.